GBOL, das German Barcode of Life Projekt, läuft seit 2011 sehr erfolgreich. Ein Konsortium verschiedener Naturkundemuseum und Forschungsinstitute hat unter der Leitung des Zoologisschen Forschungsmuseum Alexander Koenig (ZFMK) in Bonn an der Erstellung einer funktionstüchtigen DNA-Barcode-Referenzbibliothek für Deutschlands Tiere, Pflanzen und Pilze gearbeitet, die nun kommerziell und wissenschaftlich genutzt wird, um Arten über ihre DNA bestimmen und nachweisen zu können. Durch die Aktivierung der taxonomischen Expertise in Deutschland und engen Kooperationen innerhalb der EU sind auch artenreiche Insektengruppen wie Käfer und Schmetterlinge in der Datenbank gut abgebildet und zuverlässig auf Artebene molekular bestimmbar. Auch für kleinere Gruppen wie Wildbienen, Wanzen oder Zikaden konnte eine sehr hohe Abdeckung von oft über 90% der Arten erzielt werden. GBOL ist mittlerweile am ZFMK verstetigt.

Ormyrus sp. – Foto: O. Niehuis

In Summe ist derzeit jedoch nur knapp die Hälfte der ca. 33.000 Insektenarten Deutschlands molekular erfasst. Hier spielen zwei Gründe eine große Rolle:

In Deutschland existieren für bestimmte Insektengruppen kaum oder keine Experten, man spricht von der ‚Erosion der Artenkenntnis‘.

Zum anderen handelt es sich bei den niederen Diptera (Fliegen & Mücken) und den parasitoide Hymenoptera (parasitoide Wespen) um sogenannte megadiverse Insektenordnungen, die alleine in Deutschland mit etwa 9.500 bzw. 9.800 Arten vertreten sind.

Die funktionale Bedeutung der megadiversen Insektenordnungen in Ökosystemen wird bislang extrem unterschätzt. Es sind gerade diese Insektengruppen, deren Anteil an der tatsächlich gefundenen Gesamtdiversität in Umwelt- und Massenproben enorm ist (oft über 70% der gefundenen Individuen). Die meisten der Individuen lassen sich mangels taxonomischer Expertise nicht auf Artniveau bestimmen oder gehören zu Arten, die wissenschaftlich bisher nicht oder völlig unzureichend dokumentiert sind: es sind die sog. „Dark Taxa“. Von besonderer Bedeutung sowohl hinsichtlich Individuen- als auch hinsichtlich Artenzahl sind hierbei die Mücken und die parasitoiden Wespen (also Arten, die sich an oder in anderen Insekten entwickeln). Diese Dark Taxa können nicht in Arbeiten im Bereich Biodiversitätsmonitoring, Naturschutz oder Ökologie einbezogen werden, geschweige denn auf ihre Rolle und ihren Nutzen in natürlichen um menschengemachten Ökosystemen und ihre mögliche Gefährdung hin evaluiert werden. Genau das ist im Hinblick des aktuellen dramatischen Insektenrückgangs jedoch von enormer Wichtigkeit.

An genau diesen Punkten setzt GBOL III: Dark Taxa ein. Unsere Ziele sind:

  • Verbesserung der Größe und der Qualität der deutschen DNA-Barcode-Referenzbibliothek, die öffentlich zur Nutzung für die Wissenschaft, die Öffentlichkeit und die Wirtschaft zugänglich ist.
  • Erforschung der Dark Taxa mit einem integrativen taxonomischen Ansatz, unter Einbeziehung von Daten und Expertise des gut eingespielten Netzwerkes von lokalen Partnern und externen Experten
  • Ausbildung einer neuen Generation von Taxonomen mit einer artspezifischen Expertise in vormals Dark Taxa sowie in den neuesten Methoden integrativer Taxonomie.
Melittobia acasta – Foto: O. Niehuis